Das Feuer, das nicht erlischt

(von F. B. Hole)


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Teil 2

Frage: Daß das Strafgericht für die Sünde ewig dauern soll, ist ein furchtbarer Gedanke. Kann so etwas als gerecht und damit als richtig verteidigt werden?

Das ist wahrhaftig ein furchtbarer Gedanke, und die Wirklichkeit wird noch weit furchtbarer sein; aber die Sünde ist auch eine furchtbare Sache. Wer kann den schrecklichen Charakter und die Folgen der Sünde ermessen? Können wir mit unserem begrenzten Verstand die volle Tragweite, die äußersten, verzweigten Folgen einer gesetzlosen Rebellion gegen Gott erfassen? Nicht im geringsten. Das ist so unmöglich, als wollten wir mit unseren Armen das All umfassen, von dem diese Erde ein so unbedeutender Bestandteil ist. Und wer sind wir, daß wir Ansichten entwickeln und äußern könnten, was hier die gerechte und angemessene Strafe wäre?

Gott ist "der Richter der ganzen Erde", und Er wird recht handeln. Deshalb wollen wir den törichten Versuch aufgehen, zu beurteilen, was Er tun sollte, und lieber auf das achten, was Er - nach den Aussagen der Schrift - tun wird. Denn das, und das allein, wird letztlich bestehen.

Frage: Ist es wirklich sicher, daß das griechische Wort, das mit "ewig" übersetzt wird, die Bedeutung von "endlos" hat? Könnte es nicht von der Wortherkunft her vielleicht einfach "ein Zeitalter lang" bedeuten?

Wie man an vielen Beispielen zeigen könnte, entscheidet die Herkunft eines Wortes wenig oder nichts; was zählt, ist der Sprachgebrauch. Es ist ganz richtig, daß "aionios" von "aion" (Zeitalter) herkommt, deshalb mag "ein Zeitalter lang" eine seiner Bedeutungen gewesen sein. Aber das Wort nahm sehr schnell den Sinn von ewig an, und in diesem Sinn wird es in der Schrift verwandt, wie eine gute Konkordanz schnell zeigt. Das Wort wird in der Bibel in Verbindung mit Gott, mit dem Geist, mit dem Heil, mit der Erlösung, mit dem Leben und mit vielen anderen Glaubenswahrheiten gebraucht. Daher können wir sagen, daß, wenn dieses Wort nicht Unendlichkeit ausdrücken sollte, wir gar nichts kennen, was unendlich ist.

Einer der beweiskräftigsten Abschnitte zu diesem Punkt steht in 2. Korinther 4, 18, wo der Apostel die sichtbaren Dinge den unsichtbaren gegenüberstellt. Frstere sind "zeitlich", letztere "ewig", so sagt er.

Hier muß das Wort den Sinn von "endlos", "ewig" haben, sonst bildete es keinen Gegensatz zu "zeitlich". was ja "ein Ende habend" bedeutet. Das Sichtbare mag Tausende von Jahren, ja Zeitalter lang dauern, aber es hat ein Ende. Das Unsichtbare bleibt nicht nur für Zeitalter, sondern für ewig. Es hat kein Ende.

An dieser Stelle finden wir also mit Sicherheit im griechischen Grundtext das wahre und passende Wort für "ewig" und nicht nur ein Wort, das "einen großen Zeitabschnitt lang" bedeutet. Wir schlagen ein griechisches Neues Testament auf und finden - welches Wort? -: aionios!

Könnte es einen deutlicheren Beweis geben, daß im Sprachgebrauch der Schrift aionios in seiner wahren und treffenden Bedeutung "ewig" heißt?

Frage: Manche Leute denken, daß eine ewige Verdammnis nicht mit der Tatsache zu vereinbaren sei, daß Gott Liebe ist, und deshalb weigern sie sich, daran zu glauben. Hat dieses Argument eine gewisse Beweiskraft?

Nein, durchaus nicht. Die Schrift offenbart beide Tatsachen gleicherweise, so daß man in Wirklichkeit die Bibel der Inkonsequenz beschuldigt, wenn man so redet.

Tatsächlich gibt es in dieser Frage im Wort Gottes nicht die geringste Inkonsequenz, sondern genau das Gegenteil. Die stärkste mögliche Abscheu ist durchaus vereinbar mit der größten denkbaren Zuneigung; wir gehen noch weiter und sagen: Sie ist davon gar nicht zu trennen. Es ist unmöglich, für jemanden tiefe Liebe zu empfinden, wenn man nicht zugleich aus tiefstem Herzen alles haßt, was den Geliebten irgendwie bedroht.

Gottes erklärte Absicht, alles Böse für ewig völlig zu isolieren, ist also durchaus nicht unvereinbar mit Seiner Liebe. Heute scheinen in dieser Welt Gutes und Böses hoffnungslos miteinander vermischt zu sein. Aber der Tag kommt, wo sie endgültig voneinander getrennt werden. Das Gute wird sich des Sonnenscheins des Wohlgefallens Gottes erfreuen. Das Böse wird auf ewig unter Seinem Zorn liegen. So wird es - ewig an seinem Platz eingeschlossen - nicht länger den Frieden und den Segen der erlösten Schöpfung Gottes stören können.

Niemand betrachtet die Isolierung von Pockenkranken oder die noch schmerzlichere lebenslange Absonderung von Leprakranken als Maßnahmen, die mit der Nächstenliebe unvereinbar seien. Warum sollten wir Gott einen Vorwurf machen, daß Er in der Ewigkeit ähnlich handelt?

Frage: Die Hölle wird uns manchmal in so grellen Farben vor Augen gemalt, daß sich der Verstand dagegen auflehnt. Gibt es dafür überhaupt eine Berechtigung?

Leider ist die menschliche Einbildungskraft angesichts dieser ernsten Tatsache sehr weit ausgeufert, und die Leute halten wohl Dantes Inferno für die Hölle der Bibel. Das hat denen eine Handhabe gegeben, die die Tatsache an sich leugnen wollen. Wie immer spricht die Bibel hier schlicht und zurückhaltend; aber die Einblicke, die sie gibt, sind voller Schrecken, und das offenbar mit Absicht.

Für alle Ewigkeit in bewußter Qual in der großen Gefangenenanstalt der Sünde eingekerkert zu sein, wird furchtbar sein; und es ist die Güte Gottes, die uns offen vor den Folgen der Sünde warnt.

Frage: Ist aus der Schrift klar ersichtlich, daß die menschliche Seele unsterblich ist? Die Lehre von der ewigen Verdammnis könnte sonst schwerlich aufrechterhalten werden.

In der Schrift werden die Adjektive "sterblich" und "unsterblich" dem menschlichen Körper zugeschrieben; eine Formulierung "die unsterbliche Seele" finden wir direkt nicht. Aber es ist ganz klar, daß die Seele oder der geistige Teil des Menschen den Tod überdauert.

Unser Herr hat gesagt: "Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, die Seele aber nicht zu töten vermögen" (Matthäus 10, 28). Er gebraucht hier ein Wort, das mit Nachdruck bedeutet "etwas ganz und gar töten". Ein schwacher Mensch mag also den Körper eines anderen umbringen, aber die Seele ist unsterblich und entzieht sich ihm. Doch der Herr hat hinzugefügt: "Fürchtet aber vielmehr den, der sowohl Seele als Leib zu verderben vermag in der Hölle." Hier wechselt Er den Ausdruck und benutzt ein Wort, das bedeutet "etwas hinsichtlich des Zwecks, für den es existiert, verderben oder ruinieren". Dasselbe Wort wird in Johannes 3, 16 mit "verlorengehen" übersetzt und bezeichnet in Matthäus 9, 17 das Verderben der Schläuche. Wir finden es auch in Matthäus 27, 20, wo die Führer das Volk überreden, um den Barabbas zu bitten, Jesus aber umzubringen. Das alles beweist klar, daß "Verderben" nicht totale Vernichtung bedeutet.

Der ganze Vers zeigt uns erstens, daß die Seele nicht wie der Körper sterblich ist, und zweitens, daß Gott in der Hölle nicht vernichten, sondern den ganzen Menschen - Seele und Leib - verderben wird.

Die Seele ist also unsterblich, denn der Mensch besitzt sie in Verbindung mit dem Geist, den er, wie 1. Mose 2, 7 berichtet, durch Gottes Einhauchen empfangen hat. Indem er so "eine lebendige Seele" wurde, ist er nicht wie die Tiere, die vergehen.

Frage: Viele Leute argumentieren, daß - genauso wie der Tod das Aafbören der Existenz bedeute - so auch der Feuersee, der zweite Tod, das völlige Aufhören der Existenz beinhalten müsse. Ist das eine vernünftige Überlegung?

Schon als verstandesmäßige Überlegung ist diese Behauptung denkbar schwach und kraftlos. Hätten wir auf dieser logischen Ebene zu antworten, brauchten wir nur darauf hinzuweisen, daß - wenn der Tod tatsächlich das Aufhören der Existenz bedeute - es überhaupt keinen zweiten Tod geben könne. Vernünftigerweise kann man nicht aufhören zu sein und doch weiterexistieren, um in einem zweiten Tod wieder aufzuhören zu sein. Was für merkwürdige Behauptungen stellen die Menschen doch auf, um die eindeutige göttliche Wahrheit umzustürzen.

Oberflächlich betrachtet könnte diese Behauptung dennoch als ein Gegenargument angesehen werden. Das kommt daher, daß man einem der wichtigen Worte der Bibel - Tod - einen falschen Sinn beigelegt hat.

Dieses Wort erscheint in der Schrift zuerst in 1. Mose 2, 47. Kapitel 3 berichtet dann, wie das Urteil des Todes unsere Voreltern traf. Der Gebrauch des Wortes in der Bibel ist einheitlich, bis wir im vorletzten Kapitel des Neuen Testaments "einen neuen Himmel und eine neue Erde" finden, wo "der Tod nicht mehr sein wird", zur gleichen Zeit aber den "See, der mit Feuer und Schwefel brennt, das ist der zweite Tod" (Offenbarung 21, 1-8).

Wir stellen nachdrücklich fest, daß "Tod" niemals bedeutet "aufhören zu existieren", sondern immer die Bedeutung von Trennung hat. Entweder bezieht sich das auf die geistliche und moralische Trennung des Geschöpfs von Gott - in diesem Sinn sind die Menschen "tot in ihren Vergehungen und Sünden" - oder auf die Trennung von Seele und Geist vom Körper - also den physischen Tod - oder schließlich die endgültige Trennung des ganzen Menschen (wenn er nicht Buße getan hat und errettet worden ist) von Gott und allem Guten, Schönen und Besitzenswerten, das ist der Platz im Feuersee, welches der zweite Tod ist.

Der erste Gebrauch des Wortes "Tod" in 1. Mose 2 und 3 bestätigt das ganz klar. Gott kündigte Adam den Tod an für den Tag seines Ungehorsams. Adam wurde ungehorsam und lebte weiter bis zum Alter von 930 Jahren. Hatte Gott denn eine leere Drohung ausgesprochen? Keineswegs. An dem Tag, wo Adam sündigte, starb er im ersten Sinn des Wortes, d. h. er wurde von seinem Schöpfer völlig getrennt und entfernt, "tot in Sünden". Sein physischer Tod wurde aufgeschoben, indem Gott noch an diesem Tag den Tod über einen oder mehrere Bewohner des Gartens brachte und die schuldigen Sünder mit ihren Fellen bekleidete. Jahrhunderte später trat dann der physische Tod ein. Damit verlor Adam dann jede Verbindung mit dieser Welt, aber für Gott existiert er weiterhin. So sagt der Herr selbst: "Für ihn leben alle" (Lukas 20, 38).

Deshalb wiederhole ich nachdrücklich: "Tod" bedeutet in der Schrift niemals ein Aufhören der Existenz.

Frage: So viele Menschen, anscheinend treue Christen, können die Lehre von einer ewigen Verdammnis nicht akzeptieren. Ist es überhaupt von großer Bedeutung, welche Stellung man zu dieser Lehre einnimmt?

Wenn wir bedenken, daß alle Punkte der göttlichen Wahrheit eigentlich keine isolierten Bruchstücke, sondern ein Ganzes bilden, in dem jeder Punkt einen Stein eines Gewölbes darstellt, macht es viel aus. Schlägt man einen Stein heraus, weiß man nicht, welcher als nächster herausfällt.

Gesetzt den Fall, die ewige Strafe sei schließlich doch ein Irrtum, dann ist das wenigste, was wir daraus schließen müßten - ganz gleich, für welche Alternative wir uns auch entscheiden würden -, daß die Sünde weit weniger schwerwiegend sei, als wir gedacht hatten, und daß ihr Verschulden, obwohl vielleicht erheblich, doch nicht unendlich sein könnte. In Anbetracht dessen brauchten wir dann auch nicht anzunehmen, ein unendliches Opfer sei zur Sühnung dafür nötig, und folglich ebensowenig, daß eine Person von unendlichem Wert nötig sei, das Opfer dafür zu werden. Logischerweise könnten wir dann ohne Schwierigkeit die große Wahrheit der Sühnung durch Blut und die der Gottheit unseres Herrn Jesus Christus aufgeben. Wir könnten folgerichtig und bequem die unitarische Überzeugung annehmen (d. h. die Leugnung der Dreieinheit Gottes).

Es ist eine geschichtliche Tatsache, daß die Leugnung einer ewigen Verdammnis immer zu einem voll ausgereiften Unitarismus geführt hat, obwohl nicht jeder mit Riesenschritten zu den letzten Schlußfolgerungen dieser Lehre gelangt.

Das ist es, was die Leugnung der ewigen Verdammnis zu einer so überaus ernsten Angelegenheit macht.

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Die Bibelstellen wurden nach der im R. Brockhaus Verlag, Wuppertal, erschienenen "Elberfelder Übersetzung" in nicht revidierter Fassung angeführt.

Die englische Originalausgabe diese Heftes erschien unter dem Titel "Future Punishment: Its Character and Duration" in "Foundations of the Faith" im Verlag Central Bible Hammond Trust, Wooler, Northumberland, NE71 6SP Great Britain

Aus dem Englischen übersetzt von H. Verkerk

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