Kapitel 3

Titus 3, Verse 1-2:

Erinnere sie daran, Obrigkeiten und Gewalten untertan zu sein, Gehorsam zu leisten, zu jedem guten Werk bereit zu sein; 2 niemand zu lästern, nicht streitsüchtig zu sein, milde, alle Sanftmut erweisend gegen alle Menschen.

Die Bevölkerung von Kreta hat wohl von jeher einen aufrührerischen Charakter gezeigt. Wahres Christentum dagegen verwandelt die Menschen in stille, unterwürfige Untertanen, die ihren Platz und ihre Aufgabe nicht in den aufregenden Streitigkeiten um politische und soziale Fragen haben. Welches ist die grundsätzliche Anschauung des Christentums? "Es gibt keine Obrigkeit, außer von Gott, diejenigen aber, die bestehen, sind von Gott eingesetzt. Wer sich daher der Obrigkeit widersetzt, widersteht der Anordnung Gottes." (Röm. 13, 1- 2.)

Die Zeiten der sozialen und politischen Kämpfe, der Streiks und sozialistischen Verbände sind Zeiten der stillen Bewährung für die Kinder Gottes. Sie sind verantwortlich, dass sie sich nicht hinüberziehen lassen auf den Boden und in die Anschauungen der von Gott gelösten Welt. Gläubige, die in solchen Kämpfen mit der Welt mitmachen, sei es aus Menschenfurcht, sei es um politischer Zwecke willen oder, wie sie sagen, zur Verbesserung ihrer sozialen Lage, verleugnen den Glauben, beschmutzen das Bekenntnis ihres Glaubens. Sie begehren aus der Hand des Feindes Verbesserung ihrer Lage, die sie - wenn sie innerlich recht ständen - aus Gottes Hand erbitten und empfangen sollten, nicht aber in der Bundesgenossenschaft der Ungläubigen. Ein Gläubiger, der sich freiwillig an einem Streik beteiligen wollte, müsste Titus 3, 2 und Römer 13, 2 aus seiner Bibel ausstreichen.

Titus 3, Verse 3-4

3 Denn einst waren auch wir unverständig, ungehorsam, irregehend, dienten mancherlei Begierden und Vergnügungen, führten unser Leben in Bosheit und Neid, verhasst und einander hassend. 4 Als aber die Güte und die Menschenliebe unseres Heiland-Gottes erschien,

Welch ein Rückblick in ein für die Welt gelebtes Leben! Paulus schließt sich mit ein. Das Bild des natürlichen Menschen ist nicht schmeichelhaft gezeichnet, aber durchaus treffend. Wer seine Vergangenheit im Licht Gottes beschaut, der weiß, wieviel Eigenwille, Bosheit, Neid da oft im Herzen war. Was für Lüsten und Vergnügungen diente man! - Die Kinder der Welt sind ein Spielball in der Hand des Verderbers - Satans, der nur kommt, um zu stehlen, zu schlachten und zu verderben. (Joh. 10, 10.) Es ist des Teufels Lust zu verderben! Daher kommt das viele vergossene Blut, der Zank und Streit; Es ist sein Geschäft, die Menschen, die ihm dienen, unglücklich zu machen; er lockt sie in die Sünden, sie zerfleischen sich in Lastern und Zank - sie sind hoffnungslos, unglücklich bis zum Selbstmord, und Satan freut sich. Als aber die Güte und Menschenliebe unseres Heiland-Gottes, Jesus Christus, erschien - was wollte, was brachte und tat E r? Er kam als der Retter. - Alles, was die Menschen glückselig macht, ist in dem Herrn Jesus zu finden, Er ist in allem das völligste Gegenteil von Satan. Dieser brachte den Menschen Tod - Elend - Jammer - Feindschaft - Tränen, ja die Hölle. Aber Jesus bringt das Leben, den Frieden, die Liebe und Fürsorge des Vaters, eine sichere Hoffnung für die Zukunft, ja, die ewige Herrlichkeit!

Titus 3, Verse 5-7

5 errettete er uns, nicht aus Werken, die, in Gerechtigkeit vollbracht, wir getan hatten, sondern nach seiner Barmherzigkeit durch die Waschung der Wiedergeburt und die Erneuerung des Heiligen Geistes, 6 den er reichlich über uns ausgegossen hat durch Jesus Christus, unseren Heiland, 7 damit wir, gerechtfertigt durch seine Gnade, Erben würden nach der Hoffnung des ewigen Lebens.

Paulus schreibt hier an Titus, ja an alle Gläubigen, von einem Ereignis, das sie erlebt haben. Jeder wahre Christ hat seine Errettung erlebt. Das: Ich war verloren - ich bin errettet! bildet das Fundament des neuen Lebens. Dieses Wunder der Gnade ist ein Werk Gottes, nicht des Menschen. Unsere Werke, mochten sie menschlich noch so edel und gut sein, konnten nicht zu unserer Rettung beitragen, sie konnten das Werk Gottes nur aufhalten und hindern! Jesus hat uns errettet; Seine Heilandshand entriss uns dem Verderben, Sein heiliges Blut wusch unsere Sünden ab; Sein vollbrachtes Erlösungswerk gab uns Frieden, die Gewissheit der göttlichen Vergebung! - Die " Waschung der Wiedergeburt" hat mit der Taufe nichts zu tun. D ie Waschung der Wiedergeburt kann nur durch das Blut des Lammes Gottes erfolgen! (Vergl. Hebr. 9, 13. 14.) Wie lautet der Lobgesang der Erlösten? "Dem, der uns liebt und uns von unseren Sünden gewaschen hat in deinem Blut - Ihm sei die Herrlichkeit und die Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen." (Offenb. 1,5-6.) - In der Wiedergeburt erlebten wir eine Lebenserneuerung durch den Heiligen Geist, nicht etwa eine Erneuerung des Heiligen Geistes, als ob er schon in uns gewesen wäre!

Dieser Heilige Geist ist das Siegel der Gotteskindschaft und das Unterpfand unseres Erbteils. (Eph. 1, 13. 14; 2. Kor. 1,22.) Er zeugt mit unserem Geist, dass wir Gottes Kinder und Erben des ewigen Lebens sind. (Röm. 8, 16.) Wir rühmen es, dass wir durch die Gnade Gottes und das Blut Jesu gerechtfertigt worden sind! (Röm. 5, 1. 2.)

Titus 3, Verse 8-9

8 Das Wort ist gewiss; und ich will, dass du auf diesen Dingen fest bestehst, damit die, die Gott geglaubt haben, Sorge tragen, gute Werke zu betreiben. Dies ist gut und nützlich für die Menschen. 9 Törichte Streitfragen aber und Geschlechtsregister und Zänkereien und Streitigkeiten über das Gesetz vermeide, denn sie sind unnütz und wertlos.

Mit göttlicher Bestimmtheit und Energie wiederholt der Apostel, was er schon gesagt hatte (vergl. 2, 1 ), dass die, die Gott geglaubt haben, Sorge tragen sollen, gute Werke zu betreiben. - Wie ein Kind nur gedeihen und sich gesund entwickeln kann, wenn Essen und Bewegung, Ernährung und Arbeit im richtigen Verhältnis stehen, so ist es auch im geistlichen Leben! Alle Gemeinschaften, die auf gute Werke keinen Wert legen, verkümmern. Die geistliche Speise, das Wort Gottes, verliert seinen Reiz und seine kraftvolle Wirkung. Der Überschuss an Zeit und geistlichem Interesse wird auf törichte Streitfragen, auf Haarspaltereien verwendet. Damals waren es Geschlechtsregister und Streitigkeiten über das Gesetz, heute sind es einzelne Sonderlehren oder Wahrheiten, die, aus dem Zusammenhange der Schrift gerissen, zu Kardinalfragen des Glaubens erhoben werden! (Vergl. 1. Tim. 1, 3. 4.) - "Das Endziel des Ge botes aber ist: Liebe aus reinem Herren und gutem Gewissen und ungeheucheltem Glauben, wovon einige abgeirrt sind und sich zu eitlem Geschwätz gewandt haben. (1. Tim. 1, 5. 6.)

Titus 3, Verse 10-11

10 Einen sektiererischen Menschen weise ab nach einer ein und zweimaligen Zurechtweisung, 11 da du weißt, dass ein solcher verkehrt ist und sündigt, wobei er durch sich selbst verurteilt ist.

Wer ist ein sektiererischer Mensch? Was ist eine Sekte ? - Sektiererisch sind alle die Gläubigen und Scheingläubigen, die wahre, treue Kinder Gottes auf Grund ihrer Lehrmeinung von der Gemeinschaft ausschließen wollen, ohne dass ein biblischer Grund zum Ausschlusse vorliegt. Wer Trennungen anrichtet unter denen, die durch Gott als Glieder des einen Leibes zusammen gefügt sind, ist sektiererisch! - Am greifbarsten tritt das da in die Erscheinung, wo die Darstellung der Einheit des Leibes Christi von Gott gegeben ist, in der biblisch geordneten Abendmahlsfeier. Wer treu wandelnde Kinder Gottes da ausschließt oder sich von ihnen absondert, ist sektiererisch, und wo dies grundsätzlich geschieht, weil man neben dem Wort Gottes noch besondere Bedingungen stellt, von denen man es abhängig macht, ob ein Kind Gottes seinen gottgegebenen Platz am Tisch des Herrn einnehmen darf, da ist eine Sekte! Sektiererische Menschen sollen von den Kreisen der Kinder Gottes ferngehalten werden, wenn sie sich nicht zurechtweisen lassen!

Titus 3, Verse 12-15

12 Wenn ich Artemas oder Tychikus zu dir senden werde, so befleißige dich, zu mir nach Nikopolis zu kommen, denn ich habe beschlossen, dort zu überwintern. 13 Zenas, dem Gesetzgelehrten, und Apollos gib mit Sorgfalt das Geleit, damit ihnen nichts mangle. 14 Lass aber auch die Unseren lernen, für die notwendigen Bedürfnisse gute Werke zu betreiben, damit sie nicht fruchtleer seien. 15 Es grüßen dich alle, die bei mir sind. Grüße die, die uns lieben im Glauben. Die Gnade sei mit euch allen!

Artemas wird als Mitarbeiter von Paulus nur hier genannt; wir wissen sonst nichts von ihm. - Tychikus aus Kleinasien begleitete den Paulus von Korinth nach Ephesus, von da über Troas nach Mazedonien und von da über Milet nach Jerusalem. (Apg. 18-20.) Später, als ein geliebter Bruder und treuer Diener bewährt, überbrachte er von Rom aus den Brief des Paulus an die Epheser (Eph. 6,21.22) und Kolosser. (Kol. 4,7-8.) Offenbar waren Artemas und Tychikus in des Paulus Begleitung, als er - man nimmt an, kurz vor seiner zweiten Gefangennehmung - diesen Brief schrieb. Ob der Plan, in Nikopolis zu überwintern, zur Ausführung kam, weiß man nicht gewiss! (Vergl. 2. Tim. 4, 21.) Als Paulus seinem Märtyrertode entgegensah, sandte er zum zweiten Male den Tychikus nach Ephesus. (2. Tim. 4, 12.) - Man muss annehmen, dass Zenas der Gesetzgelehrte und Apollos, von dessen Gaben und Diensten wir ja vieles wissen (vergl. Apg. 18,24-28), in jener Zeit ebenfalls im Dienste des Evangeliums auf Kreta tätig waren oder dort erwartet wurden, daher die Fürsorge des Paulus für die Bedürfnisse dieser Brüder. - Noch einmal kommt der Apostel auf die guten Werke zurück, hier vielleicht, um durch treue Arbeit die Mittel zu erwerben, damit die Bedürfnisse des Werkes des Herrn gedeckt werden könnten. Eher ist aber wohl gemeint, dass die guten Werke nicht nutzlosem Luxus, sondern notwendigen Lebensbedürf nissen dienen sollten. Die bedürftigen Mitgläubigen oder sonstigen Armen sollen wohl versorgt, nicht aber verwöhnt werden! - Der Brief endet, wie fast alle Briefe, mit der Gnade, ohne die weder Paulus noch Titus ihren Dienst und ihren Weg vollenden konnten. Auch wir brauchen täglich göttliche Gnade - diese Gnade muss uns an das Ziel tragen. "Grüße, die uns lieben im Glauben!" Lebendiger Glaube kann ohne eine wahre Liebe zu den Brüdern nicht bestehen, denn die Bruderliebe ist der mächtigste Beweis des göttlichen Lebens. (1. Joh. 3, 14.)