Das Feuer, das nicht erlischt

(von F. B. Hole)

Teil 1

Im ganzen Bereich göttlicher Wahrheit gibt es keinen Punkt, wo menschliche Gedanken und Ansichten überhaupt irgendeinen Wert besitzen. Aber nirgends ist es notwendiger, menschliche Meinungen unnachgiebig auszuschließen, als bei dem schwerwiegenden Thema, das uns jetzt beschäftigen soll.

Sobald es nämlich um die Bestrafung von Sünde geht, sind wir alle geneigt und schnell bei der Hand, auch mitzureden. Niemand von uns ist ein neutraler Beobachter. Wir sind eher in der Lage eines Verbrechers auf der Anklagebank; und bei dieser Verhandlung geht es um Leben und Tod. Nun ist ein Verbrecher nie ein unvoreingenommener Richter in seinem eigenen Fall; und auch wir sind es nicht, wenn es um das kommende Gericht geht.

Deshalb ist es nötig, daß wir zu Beginn die ganz natürliche, aber verkehrte Einstellung des Verstandes sündiger Menschen zu dieser Frage erkennen. Wir sollten unseren Sinn vor dem verschließen, was nach unseren Vorstellungen sein sollte, und vielmehr auf die klaren Darlegungen dessen hören, was sein wird, wie es uns in der Heiligen Schrift durch Gott, den Richter aller, mitgeteilt wird.

Es ist wohl gut, vorn anzufangen und zu untersuchen, ob die Bibel lehrt, daß es überhaupt so etwas wie Strafe oder Verdammnis gibt. Es fehlt nicht an Menschen, die diese Vorstellung - in Verbindung mit der Herrschaft Gottes über Seine Geschöpfe - gern ganz abschaffen würden, genau so wie es Leute gibt, die immer geneigt sind, das bittere Schicksal eines Mörders zu beklagen, wenn er vor Gericht steht, während sie für sein Opfer nur wenig oder gar kein Mitgefühl empfinden.

Lesen Sie bitte sorgfältig Römer 2, 1-16, und Sie werden finden, daß die Schrift ohne jeden Hauch von Ungewißheit die Wirklichkeit der künftigen Strafe bezeugt. Es gibt tatsächlich so etwas wie "das Gericht Gottes". Dieses Gericht wird als "Zorn" in Erscheinung treten am kommenden "Tag des Zorns". An diesem Tag wird es unter die Oberfläche der Dinge gehen und sich mit den "verborgenen Dingen" der Menschen befassen. Vielleicht fragt jemand, was denn "Zorn" genau bedeuten soll. Dazu werden uns weitere Einzelheiten mitgeteilt, wenn gesagt wird, daß Gott solchen, die streitsüchtig Wortgefechte führen, und allen, die der Wahrheit ungehorsam sind, "Zorn und Grimm, Drangsal und Angst" vergelten wird (Verse 8 und 9), und das ohne Ansehen der Person.

An diesen Feststellungen ist nichts Überraschendes. Sie sind ganz in Übereinstimmung mit dem uns jetzt sichtbaren Handeln der Regierung Gottes. Ganz offensichtlich läßt Er einzelnen Sünden zeitliche Strafe folgen, die wir in diesem Leben oft deutlich erkennen können. Warum sollte es dann nicht im künftigen Leben die volle und gerechte Strafe geben?

Hier muß eine weitere Frage geklärt werden. Vorausgesetzt, die künftige Strafe für die Sünde ist Wirklichkeit, welchen Charakter wird sie dann tragen? Ist sie heilender und verbessernder, oder aber strafender und vergeltender Natur? Das ist eine sehr wichtige Frage, deren Beantwortung auch die sich anschließende Frage nach ihrer Dauer im wesentlichen klären wird. Wenn nämlich die Strafe im zukünftigen Leben die Besserung des Bestraften zum Ziel hat, dann ist es offensichtlich, daß sie nicht ewig sein kann.

Ist die kommende Strafe, von der die Schrift spricht, ein Mittel zur Erneuerung? Wird die Hölle eine große Besserungsanstalt sein, um jene Verbesserung der widerspenstigen Menschheit hervorzubringen, die durch die Verkündigung der Gnade nicht bewirkt worden war? Wir antworten ohne Zögern: Nein!

Wir lehnen diesen Gedanken nicht nur ab, sondern gehen noch weiter und behaupten, daß wir niemals Verbesserung als Ergebnis einer Strafe Gottes finden. In Ägypten züchtigte Gott den Pharao und ließ dabei Seine Schläge immer schwerer werden. Erreichte das sein Herz? Nein, es verhärtete sich noch mehr. Später mußte Gott auch Sein abtrünniges Volk Israel auf ähnliche Weise züchtigen, wie Er es in 3. Mose 26 angekündigt hatte. Nachdem Er einige der kommenden Plagen vorausgesagt hatte, erklärte Er in Vers 23-24: "Und wenn ihr euch durch dieses nicht von mir zurechtweisen laßt . . . , so werde ich euch siebenfach schlagen wegen eurer Sünden." Haben sie sich zurechtweisen lassen? Nein; und die schlimmsten der angedrohten Strafen kamen über die Nation. Hinsichtlich noch zukünftiger Gerichte lesen wir in Offenbarung 16, 11, daß die Menschen den Gott des Himmels wegen ihrer Pein und ihrer Geschwüre lästern, aber ihre Taten nicht bereuen werden.

Heute, Gott sei Dank, kehren Menschen zu Gott um - aber weshalb? Weil "die Güte Gottes sie zur Buße leitet", wie uns Römer 2, 4 erklärt. Und doch versichert uns gerade dieses Kapitel, daß solche Menschen, die die Güte Gottes nicht annehmen, obwohl diese sie bei der Hand nehmen und zur Buße leiten will, vom Zorn Gottes ergriffen und dem Gericht übergeben werden.

Wir brauchen diesen Abschnitt des Römerbriefes nicht zu verlassen, um herauszufinden, welchen Charakter das Gericht Gottes tragen wird. Es ist "gegen die, welche solches tun", denn sie sind nach Römer 1, 32 "des Todes würdig". Der Sünder wird gefragt, ob er denkt, daß er "dem Gericht Gottes entfliehen werde". Diese Sprache paßt nicht zu der Idee einer Wiederherstellung oder Verbesserung, sondern weist auf Vergeltung oder Strafe hin.

Tatsächlich trifft die Vorstellung, die Hölle sei eine Art von Besserungsanstalt, - ein Gedanke, der kaum von der Lehre vom Fegefeuer zu unterscheiden ist - das Evangelium gerade an der Wurzel. Errettung ist niemals auf dem Wege der Verbesserung geschehen, geschieht auch heute nicht so und wird in alle Zukunft nicht so geschehen. Errettung geschieht durch Glauben aufgrund der Tatsache, daß die Strafe und Vergeltung für die Sünde getragen worden ist. Dies wurde im Alten Testament in Verbindung mit den Opfern symbolisch ausgedrückt, ist jetzt aber durch das Opfer Christi selbst auf dem Kreuz wirklich und völlig geschehen.

Der Gedanke einer Errettung auf dem Wege der Verbesserung, wie sie angeblich durch die Hölle erreicht werden könnte, wäre nicht ganz so unlogisch, wenn die Errettung, die das Evangelium heute bewirkt, auch durch Verbesserung vollbracht würde. Tatsächlich geschieht heute aber Errettung nur auf der Grundlage, daß ein anderer - der Herr Jesus Christus - die gerechte Strafe und Vergeltung für die Sünde getragen hat. Wenn es überhaupt in der Ewigkeit noch Errettung gäbe, so könnte sie nur durch ein stellvertretendes Erleiden der Strafe bewirkt werden - das aber wird niemals geschehen. Denn Christus wird nicht noch einmal leiden und sterben, und kein Sünder ist fähig, die Strafe auf sich zu nehmen und abzubüßen. Wenn ein Sünder unter die Strafe für die Sünde kommt, muß er für ewig darunter bleiben.

Keine Bibelstelle, die von der künftigen Verdammnis redet, behandelt sie als eine Maßnahme der Verbesserung, und sehr viele dieser Stellen weisen durch ihren Wortlaut eine solche Vorstellung eindeutig zurück und stellen das Gericht als eine Sache der Vergeltung dar. Als Beispiel mag 1. Petrus 4,17.18 dienen. Der Apostel fragt: "Wenn aber (das Gericht) zuerst bei uns (anfängt), was wird das Ende derer sein, die dem Evangelium Gottes nicht gehorchen? Und wenn der Gerechte mit Not errettet wird, wo will der Gottlose und Sünder erscheinen?" Offenbar wußte er genau, daß niemand mit irgendeiner Spur von Wahrheit entgegnen konnte: "Was denn? Natürlich wird das Ende derer, die dem Evangelium nicht gehorchen, genau das gleiche sein wie das Ende derer, die ihm gehorchen. Letztlich werden die Gottlosen und Sünder - gereinigt durch Äonen dauernde Feuer - in demselben Himmel erscheinen wie die Gottesfürchtigen und Heiligen."

Tatsächlich aber liegt vor den Gottlosen und Sündern "ein gewisses furchtvolles Erwarten des Gerichts und der Eifer eines Feuers, das den Widersacher verschlingen wird" (Hebräer 10, 27).

Damit kommen wir zu der entscheidenden Frage: Lehrt die Bibel, daß dieser kommende feurige Zorn Gottes über die Sünder ewig dauern wird? Die Antwort lautet, daß sie das unmißverständlich deutlich macht.

Als ein Beispiel für viele mag Matthäus 25, 46 dienen. Der Herr selbst gebraucht folgende Worte als Höhepunkt Seiner Beschreibung des Gerichts, das Er zu Beginn des Tausendjährigen Reiches über die dann vor Ihm versammelten lebenden Nationen bringen wird: "Und diese werden hingehen in die ewige Pein, die Gerechten aber in das ewige Leben.

Also wird jenes besondere Gericht ein zweifaches Ergebnis haben. Es bedeutet entweder Leben oder Strafe. Leben in seiner vollen und reinen Bedeutung wird die Verbindung aller Vorrechte, Beziehungen und Segnungen einschließen, deren Krone die Erkenntnis des Herrn sein wird, die dann die Erde erfüllen wird. Die Pein wird all die Schmerzen und Züchtigungen beinhalten, die dem allgemeinen sündigen Zustand des Menschen, aber auch den Sünden jedes einzelnen persönlich entsprechen, besonders der Sünde, das göttliche Zeugnis seitens derer, die der König als Seine Brüder anerkennt, zurückgewiesen zu haben. Und beides - Leben und Strafe - sind ewig.

Offenbar ist niemand daran gelegen, zu beweisen, daß das ewige Leben nicht ewig dauere. Aber Unzählige bemühen sich um einen Beweis dafür, daß die ewige Verdammnis nicht ewig sei. Wie kommt das? Sie verhalten sich einfach wie der Angeklagte im Gerichtssaal, der sich gegen das Urteil auflehnt. Solche Voreingenommenheit ist zwar verständlich, aber verhängnisvoll, wenn man sich ihr hingibt. Darüber hinaus gibt es aber keinen Grund dafür, die ewige Dauer des ersten Teils dieses Urteils von Matthäus 25, 46 zu leugnen und die ewige Dauer des zweiten Teils dieses Urteils anzuerkennen. Beide Teile stehen und fallen miteinander, so ist ihr Wortlaut.

Diese Schriftstelle ist nur eine von vielen, die zitiert werden könnten, von den ernsten Warnungen des Herrn vor dem Wurm, der nicht stirbt, und dem "Feuer, das nicht erlischt", in den Evangelien bis zu den schrecklichen Worten von dem "See, der mit Feuer und Schwefel brennt: das ist der zweite Tod", im letzten Buch des Neuen Testaments. So gibt es wirklich keinen Zweifel über das Zeugnis der Schrift in dieser Frage, obwohl es zahlreiche Versuche gegeben hat und auch weiter geben wird, diese ihre Worte zu verfälschen oder ihnen einen anderen Sinn zu geben.

Trotz allen Scharfsinns, der dafür verwandt und verschwendet worden ist, hat man sich doch immer nur zwei Alternativen für die ewige Verdammnis vorstellen können. Die erste lautet, daß auf die eine oder andere Weise schließlich doch alle gerettet würden; diese Lehre ist als "Universalismus" oder "Allversöhnungslehre" bekannt. Die andere behauptet, daß der Mensch von Natur gerade so sterbe wie die Tiere, die vergehen, und daß unendliches Sein und ewige Existenz nur die hätten, die von neuem geboren und in Christus seien; diese Lehre ist bekannt als "Annihilationismus" oder "Vernichtungslehre" oder als die Lehre von der "bedingten Unsterblichkeit".

Nun macht schon ein Vers der Schrift - Johannes 3, 36 - beide Theorien zunichte: "Wer dem Sohn nicht glaubt, wird das Leben nicht sehen." Die Allversöhner meinen, daß auch die Ungläubigen letztlich, wie entfernt dieser Zeitpunkt auch sein mag, doch das Leben sehen werden. Der Herr Jesus erklärt, daß sie es nicht sehen werden, und fügt hinzu:" sondern der Zorn Gottes bleibt auf ihm." Nach der Vernichtungslehre haben die Ungläubigen dann aufgehört zu bestehen, danach gäbe es nichts, worauf der Zorn Gottes bleiben könne. Nach dem Wort des Herrn werden sie aber noch existieren, und der Zorn wird auf ihnen bleiben, ohne die geringste Hoffnung auf ein Ende dieses Zustands.

In göttlicher Vorkenntnis hat der Herr Jesus so diese trügerischen Theorien einer weit späteren Zeit zunichte gemacht.

Nach Widerlegung dieser beiden rivalisierenden Theorien halten wir an der ernsten Tatsache fest - die so außerordentlich oft eindeutig in der Schrift festgestellt wird -, daß es ein künftiges Strafgericht gibt, daß es seiner Natur nach ernste Vergeltung für die Sünde ist und daß diese Strafe, wenn das Urteil einmal gefällt ist, auf ewig andauern wird.

Im zweiten Teil dieser Schrift werden 7 Fragen beantwortet, die in diesem Zusammenhang so oder ähnlich immer wieder gestellt werden:

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